Welche Einschätzung haben
unsere die Frauen und Herren Politiker eigentlich von den Bürgern in diesem Land? Sind wir alle weltfremde Trottel, die mit allen Mitteln vor den Folgen falscher Kaufentscheidungen geschützt werden müssen? Oder ist das nur die dritte Potenz der "Geiz-ist-geil-Mentalität", die hier fast schon zur Religion erhoben wird. Kaufen ist OUT - im Internet bestellen, 13 Tage durchnudeln und dann wieder zurück geben ist IN.
"In einem Geschäft kann sich der Kunde die Produkte in Ruhe ansehen, bevor er sich endgültig zum Kauf entscheidet"
Aha, kann der Kunde das wirklich immer und in jedem Geschäft? Wie ist das mit dem Computer der im Discounter zum Schnäppchen-Preis angeboten wird? Kann ich mir den in aller Ruhe ansehen? Darf ich ihn dazu einfach auspacken und testen? Ich hab noch keine Steckdosen bei den Discountern gesehen, die mir das ermöglichen würden. Hätte ich damit auch das
Recht diesen Computer wieder zurück zu geben. Wohlgemerkt nicht die
Kulanz, dass das Teil zurückgenommen wird, sondern das
Recht diesen - ggfs auch mit Gebrauchsspuren und ohne Originalverpackung - zurück zu geben?
Die Argumentation hinkt an allen Ecken und Enden.
Aus welchem Grund wurde das Widerrufsrecht ursprünglich mal eingeführt?
Heerscharen von Drückerkolonnen haben uns heimgesucht, an der Haustür ihren Schrott unbedarften Bürgern aufgeschwatzt. Das Telefon stand nicht mehr still, unzählige Telefonwerber erdreisteten sich die Bürger mit ihren Angeboten zu überrumpeln und zum Abschluss von Verträgen nachdrücklich zu überreden.
Diesen - mit häufig unseriösen Methoden betriebenen - Geschäftspraktiken sollte ein Riegel vorgeschoben werden. Soweit so gut, das kann man noch nachvollziehen. Hier war Handlungsbedarf angesagt, zumal die Werber nicht selten mit psychologischen Tricks deutlichen Druck auf die überrumpelten "Opfer" ausgeübt haben. Wobei diese Verkaufsgespräche zudem (meist) unaufgefordert und ungewollt dem Kunden aufs Auge oder das Ohr gedrückt werden.
Aber inzwischen steht der Online-Handel auf der gleichen Stufe. Online-Shops werden vereinfacht gesagt als digitale Drückerkolonne betrachtet, vor denen man den Bürger schützen muss. Das erachte ich als Diffamierung. Hier wird das Online-Angebot - welches sich jeder so lange er will betrachten kann wie er Lust hat, zu dem Produkt kann er vor dem Kauf Unmengen an Informationen einholen - gleich gesetzt mit der Überrumpelungstaktik an der Haustür oder am Telefon.
Niemand wird gezwungen in einem Online-Shop einzukaufen. Wer sich nicht sicher ist, was er da kauft, soll es doch lassen. Der Weg ins Ladengeschäft um dort den Artikel nach "Lust und Laune auszuprobieren" - sofern der Laden denn da mit macht - steht ihm immer noch offen.
Aber die Realität der aktuellen Gesetzgebung geht von folgendem Szenario aus:
Ich (unbedarfter) Kunde drücke ganz aus Versehen auf den Link eines Online-Shops, entdecke ein supertolles Angebot und fühle mich genötigt dieses anzunehmen. Nachdem die Ware eingetroffen ist, stelle ich fest, dass trotz exakter Produktbeschreibung das nicht das richtige Produkt für mich ist. Also schicke ich es zurück. Soweit wäre alles noch im grünen Bereich.
Aber das Recht erlaubt mir, dieses Produkt nun auf Herz und Nieren zu testen. Zukünftig sind dabei sogar Gebrauchsspuren erlaubt. Sprich, ich kann das Teil unter dem Vorwand des Testens gebrauchen und dann wieder zurück schicken.
Also welche Verantwortung habe ich als Kunde zukünftig noch? Keine, ausser dass ich das Teil innerhalb der Widerrufsfrist zurück schicken muss.
Nun, damit ist der bereits eingeführte Begriff "Leihhaus Internet" beerdigt. Denn ausleihen kann ich nur gegen eine Leihgebühr. Zukünftig muss es "Testoase Internet" oder gar "Du ich kauf nix mehr ich mach Internet" heißen. Denn der Nachweis, dass der Kunde das Produkt nicht nur getestet, sondern gebraucht hat, dürfte vom Verkäufer nur äußerst selten erbracht werden können.
Man könnte durchaus auf den Gedanken kommen, dass hier der Lobbyismus in nicht unerheblichem Maße eine Rolle spielt. Aber welche Lobby könnte das sein? Die der lokalen Geschäfte? Möglich, aber haben die überhaupt eine Lobby? Wie immer in solchen Fällen lohnt sich die Frage wer davon am meisten profitiert. Nun, wie kommt die Ware zum Kunden? Über den Versand. Und wie kommt sie wieder zurück? Über den Versand. Je mehr Rücksendungen, desto mehr Gewinn. Wenn schon Briefe immer mehr durch E-Mail ersetzt werden, warum sollte dann der Warenversand dieses Defizit nicht decken können?