Ohne Frage, Kritik muss in einer Demokratie möglich sein und auch ausgehalten werden. Aber wenn statt Kritik nur plumpe Polemik geäußert wird, mit dem Ziel den Gegner zu diskreditieren, hat das eine andere Qualität. Und wenn der Gegner dann noch der Bundespräsident ist, fängt das Ganze an zu stinken.
Man sollte auch sehen, aus welchen Ecken diese "Kritik" kam. Es sieht zumindest aus, wie ein kleiner billiger Rachefeldzug, weil der Bundespräsident es zweimal gewagt hatte, aus verfassungsrechtlichen Bedenken Gesetze nicht zu unterschreiben. Ihm jetzt hier als Retourkutsche Verfassungsbruch zu unterstellen zeigt, dass kein Einsehen in die Fehler der Gesetze erfolgte, sondern eher kleingeistiges "er hat meine Sandburg kaputt gemacht, jetzt pinkel ich auf seine" die Triebfeder war. Ignoriert wurde dabei, dass es kaum einen schlimmeren Vorwurf an den höchsten Vertreter des Staates geben kann, als die Mißachtung der Verfassung. Und die Art wie das geäußert wurde, lässt jeden Respekt nicht nur vor der Person, sondern auch vor dem Amt vermissen.
Aber - da gebe ich Mantis Recht - das war wohl wirklich nur der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Wenn Volksvertreter sich erdreisten, den Bundespräsidenten - dessen Markenzeichen Volksnähe und eine eigene Meinung zur aktuellen Politik waren - so anzugehen, dann zeigt dies dass sie es einfach leid waren, ständig mit unbequemen politischen Äußerungen und dem eigenen Versagen konfrontiert zu werden. Und wohl auch, dass sie sich eines gewissen Rückhaltes bei ihren Kollegen quer durch alle Fraktionen sicher sein konnten. Der Bundespräsident war einfach zu unbequem geworden. Der Grund für den Rücktritt ist damit wohl auch darin zu sehen, dass ein Kampf gegen derartige "Koalitionen" das Amt noch weiter beschädigt hätte.
Das Profil für die Nachfolge dürfte damit jedoch auch klar sein. Gesucht wird ein/e pflegeleichte/r Präsident/in, ohne eigene politische Meinung, der/die alles abnickt was da so an verquasten Gesetzeskonstruktionen zusammengebastelt wird, ein nettes Bild abgibt und ansonsten die Schnauze hält. Kurz gesagt eine/n Grußonkel/Grußtante.
Damit wird aus meiner Sicht eine alte Frage wieder relevant. Sollte der Bundespräsident nicht besser vom Volk direkt gewählt werden? Oder ist es weiterhin sinnvoll, wenn der Bundestag sich nach Belieben einen Schoßhund ins Schloß Bellevue setzen kann?