Was zu erwarten war, ist heute eingetreten. Das Bundesverfassungsgericht hat heute bestätigt, dass die knapp 82 Mio Einwohner Deutschlands nicht per se als Terroristen anzusehen sind. Das Experiment des Datensammelstaates mit freilaufender Haltung seiner Versuchsobjekte wurde vorerst beendet. Sämtliche aufgrund der Vorratsdatenspeicherung in den letzten sechs Monaten gesammelten Daten sind sofort in die Tonne zu treten.
Ein Jubeltag für den Datenschutz und ein Fanal gegen die Zensur. Der Gesetzgeber hat vom Bundesverfassungsgericht eine schallende Ohrfeige erhalten. Vermutlich eine der teuersten Ohrfeigen der Welt.
Daher ist das auch ein Trauertag für den Finanzminister und jeden der dessen Kassen füllt. Die zu löschenden Daten belegen nach aktuellen Schätzungen Speichervolumen im hohen Terabyte-Bereich. Allein die Telekom hat
19 Terabyte! an Daten gesammelt und deren Löschung bereits eingeleitet.
Die Deutsche Telekom leitete die Löschung umgehend in die Wege. "Wir haben den Prozess für die Löschung der Daten gestartet. Rund 19 Terabyte Daten zu löschen, wird allerdings ein wenig dauern", sagte ein Konzernsprecher der dpa.
Die Telekommunikationsunternehmen haben daher schon mal Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe angemeldet.
Moment mal, da muss ich doch mal den Abakus rausholen und nachrechnen. Ne 1 Terabyte-Festplatte gibts für deutlich unter 100 Euro. 19 von der Sorte macht 1900.- Euro. Nehmen wir mal an, alle Unternehmen zusammen haben 100 Terabyte für die Speicherung verbraten - macht 10.000.- Euro. Na da wäre noch die Redundanz, falls eine Platte mal krepiert. Dann das ganze also mal zwei, ach was heute sind wir großzügig - mal drei - sind 30.000 Euro.
Wie kommen die nun auf Millionen? Gespeichert werden diese Daten doch sowieso, egal ob für fünf Sekunden, ein, zwei Tage oder sechs Monate, so groß kann der Unterschied nicht sein. Und wieso soll das so lange dauern? Einfach neu formatieren, das ganze meinetwegen auch 5x um sicher zu gehen, und fertig. Wo liegt da der Hase im Pfeffer?
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, das dieses Gesetz eine Art verkappter Vorstufe des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes war.
Erst mal beschließt die große Koalition mit großer Mehrheit das Gesetz, obwohl massive verfassungsrechtliche Bedenken bestanden. Einige Abgeordnete der SPD (26 genau) lassen sogar verlauten:
„Trotz schwerwiegender politischer und verfassungsrechtlicher Bedenken werden wir im Ergebnis dem Gesetzentwurf aus folgenden Erwägungen zustimmen. Erstens. Grundsätzlich stimmen wir mit dem Ansatz der Bundesregierung und der Mehrheit unserer Fraktion dahingehend überein, dass die insbesondere durch den internationalen Terrorismus und dessen Folgeerscheinungen entstandene labile Sicherheitslage auch in Deutschland neue Antworten benötigt. […] Eine Zustimmung ist auch deshalb vertretbar, weil davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise verfassungswidrige Bestandteile für unwirksam erklären wird.“
s.
http://de.wikipedia.org/wiki/Vorratsdatenspeicherung Aha, also erst mal wider besseren Wissens ein Gesetz auf den Weg bringen, dann vom Verfassungsgericht wieder vom Tisch wischen lassen und aus dem dazu notwendigen Haufen an Toilettenpapier die Schnipsel rausfischen, die den Damen und Herren Politikern zeigen, wie man das gleich hätte richtig machen können.
Das war ein klarer Aufruf - Leute bedient euch, hier gibts Kohle vom Staat. Danach wurden erstmal in den Rechtsanwaltskanzleien Deutschlands der Schampus geköpft und dann 35000 Klagen auf den Weg gebracht. Alleine die darf der Steuerzahler nach der Ohrfeige schon mal berappen. Da können sich die Telekommunikationsunternehmen natürlich nicht vornehm zurück halten, gleich mal hinlangen, man gönnt sich ja sonst nix. Ein nettes Zuckerl in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Damit ist der Gesetzgeber eindeutig zum "Ich versuch jetzt mal sowas in der Art wie ein Gesetz zu formulieren - Tester" verkommen. Und der deutsche Bundestag zum Experimentallabor für das Austesten, was das Volk sich noch so alles gefallen lässt. Was soll auch schon passieren? Die Wächter in Karlsruhe werdens schon wieder grade rücken. Soll noch einer sagen unsere Politiker gehen nicht mit der Zeit. Sie machens wie die meisten großen Softwarekonzerne - einfach mal ne unausgegorene Betaversion zum Gesetz erklären. Nachdem die Bugs dann ausgemerzt sind, wird dann schon irgendwann mal Gesetz 1.0 draus werden.
Sorry, da könnt ich
So soll und darf keine Regierung und schon gar kein Parlament mit seinen Bürgern und vor allem den anvertrauten Steuergeldern umgehen. Pfui, das verdient Platz eins im kommenden Schwarzbuch für Steuerverschwendung.
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