Ich glaube man muss schon ernst nehmen, dass eine crowdfunding-Lösung Gewinner und Verlierer produzieren würde. Sie würde bestimmte Geschäftsmodelle kaputt machen und andere schaffen. Ich nehme jetzt mal bewusst nur das crowdfunding einzelner Module, von einer kompletten Crowdfinanzierung will ich gar nicht reden und weiß auch nicht, ob ich das möglich und gut fände.
Der Status quo ist, dass es sowohl hier im Forum frei verfügbare, als auch derzeit nur kommerziell von Programmierern angebotene Hacks ("Module") gibt, die definitiv in die modified-Standardversion gehören, wenn der modified-Shop nicht technisch immer weiter zurückfallen und langfristig vom Markt verschwinden soll. Trotzdem sind diese Module aus rationalen Erwägungen mancher Beteiligter bisher nicht im Core gelandet.
Verlierer des Crowdfundings 1 (?): Der externe Modulanbieter
Die externen Anbieter verdienen für ihre diese Module sagen wir 50€ pro Kunden, der das kauft. Ich hab keine Ahnung, wie oft sich so Module verkaufen, aber wenn es nur 50x sind, ist das schon ein hübsches Sümmchen. Wenn die crowd dem Programmierer nun ca. 2500€ auf den Tisch legt, damit dieser das Modul frei verfügbar macht und es in den core integriert wird, müsste dieser happy sein.
Genauso könnte die crowd das gleiche Modul auch ausschreiben, einen Programmierer finden, der das gleiche für 500€ macht und es gäbe einen glücklichen Freelance-Programmierer mehr, aber auch einen unglücklichen externen Modulanbieter mehr.
Verlierer des Crowdfundings 2 (?): Das Modified-Team
Genauso hat das modified-Team in gewissen Maßen wohl einen Anreiz, nicht jede gute Erweiterung in den Core zu übernehmen. So kann man dann bei sagen wir 50 einzelnen Kunden, die eine Lösung selbst nicht hinbekommen, die Programmier-Dienstleistung "ich integriere dir ein bestehendes freies Modul oder passe es an deinen Shop an" sagen wir für je 50 € verkaufen. Überspitzt (!) könnte man aus dieser Sicht sogar sagen, dass ein möglichst einfacher oder sogar schlechter Core, der den Kunden gerade noch zumutbar ist, dafür aber mit möglichst vielen, möglichst guten und möglichst untereinander inkompatiblen Modulen aufgerüstet werden kann, für Anbieter von Programmierdienstleistungen das Optimum ist, weil auf diese Weise ein Maximum an Programmier- und Anpassungsbedarf bei den Kunden entsteht. Andererseits halte ich es auch für realistisch, dass für ein kleines modified-Team mit begrenzter Arbeitszeit die Programmieraufträge "trotz" eines besseren Cores sogar zunehmen könnten, nämlich dann, wenn sich aufgrund des guten Shopsystems immer mehr Kunden für das modified-System statt für Gambio & Co. entscheiden. individuelle Anpassungs- und Erweiterungswünsche sind nämlich im Gegensatz des Budgets der Kunden potentiell ziemlich unbegrenzt.
Auch dem modified-Team müsste man deswegen wohl eine Summe X auf den Tisch legen, damit es happy ist.
Gemeinsame Interessen
Es gibt aber natürlich auch gemeinsame Interessen. Weder das modified-Team, noch die externen Programmierer können ein Interesse haben, dass der Shop in der Grundinstalltion technisch so weit zurückfällt, dass sich immer mehr Kunden gleich für ein anderes Shopsystem entscheiden und somit die potentielle Kundenzahl immer geringer wird.
Programmierer könnten trotz der "Entwertung" ihrer alten Module bei einer funktionierenden Crowd von genügender Größe damit rechnen, von dieser Aufträge zu gewinnen, die ein einzelner nie in Auftrag geben würde.
Fazit
Eine Crowdfunding-Lösung würde auchfinanzielle Verlierer produzieren. Ich sehe hier v.a. die wenigen erfolgreichen Anbieter von kommerziellen modified-Modulen (und ggf. templates), die bisher nicht im Core gelandet sind. Beim modified-Team bin ich mir nicht sicher. Gewinner wären diejenigen Programmierer, die jetzt schon kostenlos Module zur Verfügung stellen, da sie künftig dafür bezahlt werden könnten. Außerdem Programmierer, die bisher wenig Aufträge haben und sich erfolgreich um crowd-Aufträge bewerben könnten. Auf der Gewinnerseite wären auch die Kunden, die bisher schon viele individuelle Programmieraufträge vergeben, weil die Kosten durchs crowdfunding geringer wären. Auch alle Kunden mit kleinem Budget (oder wie manchmal vorgeworfen wird: großem Geiz), die bisher schon nix zahlen und dann von einem besseren Core profitieren würden, wären Gewinner, zumindest wenn sie sich ums crowdfunding herumdrücken könnten. Bei einem verpflichteenden Crowdfunding (= gebührenpflichtige Grundversion o.ä.) sehe die Gewinner/Verlierer-Verteilung wieder etwas anders aus, als bei einem freiwilligen Crowdfunding.