Tja, manche Probleme muss man öfter mal durch die Gehirnwindungen quälen, um des Pudels Kern zu finden:
1. Problempunkt: Umsatzsteuergesetz UStG:
§ 19 Besteuerung der Kleinunternehmer
(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Gehen wir das ganze mal grammatikalisch an, und kürzen alles irrelevante dieses Satzes weg, dann bleibt:
Die für Umsätze ... geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, nicht erhoben, wenn der ... Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer ... blabla Betrag ... nicht übersteigen wird.
Das lautet verkürzt und in verständliches Deutsch übersetzt:
Die Umsatzsteuer wird von Kleinunternehmern nicht erhoben
Eine Steuer die erst gar nicht erhoben wird fällt nicht an, kann also kein Preisbestandteil sein.
2. Problempunkt: Preisangabenverordnung
§ 1 Grundvorschriften
(1) Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).
...
(2) Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, hat zusätzlich zu Absatz 1 und § 2 Abs. 2 anzugeben,
1. dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und
2. ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen.
Fallen zusätzlich Liefer- und Versandkosten an, so ist deren Höhe anzugeben. Soweit die vorherige Angabe dieser Kosten in bestimmten Fällen nicht möglich ist, sind die näheren Einzelheiten der Berechnung anzugeben, aufgrund derer der Letztverbraucher die Höhe leicht errechnen kann.
Nun kürzen wir mal wieder den verklausulierten Rechtstext auf die relevanten Inhalte:
(1) Wer Letztverbrauchern ...Waren oder Leistungen anbietet ... hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).
(2) Wer Letztverbrauchern ... Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, hat zusätzlich ... anzugeben,
1. dass die ... geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und
2. ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen.
Fallen zusätzlich Liefer- und Versandkosten an, so ist deren Höhe anzugeben. Soweit die ... Angabe dieser Kosten ... nicht möglich ist, sind die ... Einzelheiten der Berechnung anzugeben, aufgrund derer der Letztverbraucher die Höhe leicht errechnen kann.
Und das übersetzen wir mal in verständliches Deutsch (die sonstigen Preisbestandteile klammern wir mal aus, sind hier nicht relevant):
(1) Wer Endverbrauchern Waren oder Leistungen anbietet hat die zu zahlenden Preise einschließlich USt anzugeben.
(2) Wer zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages Endverbrauchern Waren oder Leistungen anbietet, hat zusätzlich anzugeben,
1. dass die Preise die Umsatzsteuer enthalten und
2. ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen, deren Höhe anzugeben ist.
Ist die Angabe dieser Kosten nicht möglich, sind die Einzelheiten der Berechnung anzugeben, damit der Endverbraucher die Höhe leicht errechnen kann.
Absolut verkürzt heisst das für Web-Shops:
Wer Waren anbietet, hat anzugeben, dass die Preise die Umsatzsteuer enthalten. Ist das nicht möglich, sind die Einzelheiten so anzugeben, dass der Endverbraucher die leicht berechnen kann.
Aha, wer findet die Fehler? Eigentlich easy, da haben ein paar Beamte bei der Konstruktion der Verordnung geschlampt und ein kleines Wort mit großer Bedeutung eingebaut sowie eine zumindest fragwürdige und unbestimmte Klausel verwandt.
Die haben verpennt, dass Kleinunternehmer erst gar keine Umsatzsteuer erheben dürfen, somit kann die auch nicht enthalten sein.
Es müsste eigentlich heissen:
Wer Endverbrauchern Waren anbietet, hat anzugeben, ob die Preise die Umsatzsteuer enthalten.
Die nachfolgende Formulierung mit der Angabe die "leicht" zu berechnen ist ist eine verbraucherunfreundliche und für Kleinunternehmer diskriminierende Forderung. Woher soll ich als unbedarfter Kleinunternehmer wissen, wie gut meine Kunden rechnen können? Was ist überhaupt erforderlich um leicht rechnen zu können, wenn der Preis den ich angebe der Endpreis ist? Welche juristischen Klimmzüge muss ich unternehmen, um dem Kunden klar zu machen - der angegebene Preis ist das was du zahlen musst? Und warum habe ich damit als Kleinunternehmer höhere Anforderungen zu erfüllen, die zudem noch abschreckend auf meine Kunden wirken?
Zusätzlich ist folgendes zu beachten: Die PAngV zielt auf Endkunden ab, damit hat die konkrete Ausweisung der MwSt. eigentlich nur informativen Charakter. Das ist sozusagen der Preisanteil, den ich bei Bezahlung an den Staat entrichte. Daher wäre es genauso wichtig für mich als Kunden zu wissen, dass ich bei einem Kauf beim Kleinunternehmer eben gerade keinen Preisanteil an den Staat entrichte. Dazu wäre die Kennzeichnung "ohne MwSt. gem. $19 UStG" vollkommen ausreichend. Und dem kaufenden Unternehmer würde das ebenfalls signalisieren, dass er die MwSt. nicht in Abzug bringen kann.
Hier wurde mit der Preisangabenverordnung deutlich am Ziel vorbei und darüber hinaus geschossen.
Der Weg ist nun folgender: Die offensichtlich fehlerhafte Verordnung muss der Gesetzeslage angepasst werden.
Dazu werde ich meinen Bundestagsabgeordneten (nicht dass ihr glaubt ich hätte den im Sack, der ist nur für meine Probleme zuständig, so wie eurer für eure Probleme) mit dieser Erkenntnis konfrontieren. Parallel dazu werde ich das auch dem Justizministerium mitteilen.
Es könnt nix schaden, wenn alle die das Problem ebenfalls betrifft, und alle die an einer klaren Rechtslage interessiert sind, dies ebenfalls tun würden.
Dieses Posting stellt ausdrücklich meine persönliche Meinung dar und ist keinesfalls als Rechtsberatung zu verstehen. Die gibts beim Anwalt des Vertrauens. (Wer einen solchen hat, kann ihn ja gerne mal mit meinen Erkenntnissen konfrontieren.)